Gutscheine gegen Insolvenz abgesichert

Nach dem Bundestag gibt nun auch Bundesrat diese Lösung frei

Die Übergangsregelung für in der Corona-Krise geplatzte Pauschalreisen hat die letzte Hürde genommen. Einen Tag nach dem Bundestag (Tageskarte berichtete) stimmte am Freitag auch der Bundesrat den Neuerungen zu. Demnach können Reiseveranstalter ihren Kunden einen Gutschein anbieten. Diese können aber auch auf einer Rückzahlung ihres Geldes beharren.

Eine ursprünglich geplante Gutscheinpflicht war am Widerstand der Brüsseler EU-Kommission gescheitert. Verbraucher, die ihre Pauschalreise vor dem 8. März gebucht haben, können freiwillig einen Gutschein wählen, dessen Wert auch dann staatlich abgesichert ist, wenn Anbieter Pleite gehen.

Zum Sachverhalt

Reiseveranstalter, die ihren Kunden wegen einer coronabedingt geplatzten Pauschalreise Geld zurückzahlen müssen, dürfen diesen als Alternative einen Gutschein anbieten. Einem entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung hat der Bundestag am Donnerstag zugestimmt. Die Kunden können sich für eine Rückzahlung des gezahlten Geldes oder für den Gutschein entscheiden.

Dem Entwurf zufolge sollen Pauschalreisende ihr Geld zurückverlangen können, wenn der Urlaub wegen der Coronavirus-Pandemie ausfällt. Eine ursprünglich geplante Gutscheinpflicht, die helfen sollte, Insolvenzen in der Reisebranche zu vermeiden, soll es nicht geben. Sie scheiterte am Widerstand der Brüsseler EU-Kommission. Verbraucher, die ihre Pauschalreise vor dem 8. März gebucht haben, können aber freiwillig einen Gutschein wählen, dessen Wert auch dann staatlich abgesichert ist, wenn Anbieter Pleite gehen.

«Wir haben die Gutscheine attraktiv gemacht durch die staatliche Absicherung. Wir haben alles dafür getan, dass die Menschen guten Gewissens auch einen Gutschein wählen können», sagte Unions-Fraktionsvize Thorsten Frei (CDU). Die Gutscheinlösung helfe insbesondere kleinen und mittelständischen Reiseveranstaltern, von drohenden Insolvenzen verschont zu werden, sagte die Tourismusexpertin der SPD-Fraktion, Gabriele Hiller-Ohm.

Der Deutsche Reiseverband (DRV) sieht die Gutscheine hingegen kritisch. Insbesondere seien sie keine Lösung für das Liquiditätsproblem in der Reisebranche. «Das ist die Realität: Gutscheine finden kaum Anklang beim Kunden – lediglich 10 bis 20 Prozent der Verbraucher akzeptieren sie», sagte DRV-Präsident Norbert Fiebig.

«Die Bereitschaft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, Gutscheine zu akzeptieren, wird durch die Debatte gesunken sein», sagte der Chef des Verbraucherzentrale-Bundesverbands, Klaus Müller. Gutscheine seien nicht nachhaltig und deshalb nicht geeignet, der Krise zu begegnen. «Sie verschieben lediglich das Liquiditätsproblem der Unternehmen auf einen späteren Zeitpunkt», so Müller.

Die Regel gilt für Buchungen, die vor dem 8. März getätigt wurden - also kurz vor dem globalen Stillstand der Reisetätigkeiten mit weltweit geschlossenen Grenzen und gestrichenen Flügen.

Was gegen einen Gutschein spricht

Da ist zunächst einmal der offensichtliche Grund: «Das Geld muss für eine neue Reise eingesetzt werden und ist nicht kurzfristig für etwas anderes verfügbar», sagt Robert Bartel, Rechtsexperte bei der Verbraucherzentrale Brandenburg. Schließlich ist der einmal gezahlte Reisepreis im Gutschein gebunden. Wer nun aber auf absehbare Zeit und auch im kommenden Jahr ohnehin nicht mehr groß verreisen will, ist mit einer Rückzahlung auf jeden Fall besser beraten.

Und wie sieht es aus, wenn man seinen Urlaub definitiv 2021 nachholen will? Auch dann ist der Gutschein womöglich nicht die beste Lösung: «Durch den Gutschein binde ich mich an den Veranstalter und sein Angebot. Ich bin nicht frei, mich umzuentscheiden», sagt Bartel.

Konkret heißt das: Der Veranstalter bietet die ursprüngliche geplante Reise im kommenden Jahr eventuell nicht mehr in der gleichen Form an. Wer das Geld für die corona-bedingt geplatzte Reise jetzt erstattet bekommt, hat bei der nächsten Buchung größere Auswahl.

Was für einen Gutschein spricht

Die Veranstalter wollen aus wirtschaftlichen Gründen möglichst viele Gutscheine ausgeben statt eine Rückzahlung zu leisten - und bieten entsprechende Anreize. «Ein Gutschein kann interessant sein, wenn ich ein finanzielles Extra bekomme», sagt Bartel. Der Wert des Gutscheins oder Reiseguthabens - die Veranstalter nutzen verschiedene Begriffe - ist in diesem Fall höher als der Preis der geplatzten Reise.

Beispiele: Tui stellt Kunden abgesagter Reisen bis zu 150 Euro Reiseguthaben extra in Aussicht, wenn diese sich für eine Gutschrift statt eine Rückerstattung entscheiden. DER Touristik bietet Kunden für die Gutschein-Wahl einen Rabatt von 50 Euro auf die nächste Buchung. FTI legt 200 Euro für Extra-Leistungen am Reiseziel drauf, wenn Kunden auf einen späteren Zeitpunkt umbuchen. Und die Reederei Aida Cruises bietet einen 10-Prozent-Bonus.

Die Angebote gelten nach Angaben der Veranstalter für alle betroffenen Gäste, deren Urlaube wegen der Reisewarnungen nicht stattfinden konnten - unabhängig vom Buchungszeitpunkt. Einlösbar sind die Gutscheine in der Regel bis Ende 2021.

«Wenn man Vertrauen in den Veranstalter hat, weil man schon öfter mit ihm unterwegs war, dann kann man das machen», sagt Bartel. Das sei vielleicht auch eine Frage der Solidarität, ob man «seinen» Veranstalter in einer schwierigen Zeit unterstützen wolle.

Wegen der Corona-Krise hatte die Bundesregierung am 17. März eine weltweite Reisewarnung ausgesprochen. Mitte Juni wurde die Reisewarnung für die meisten europäischen Länder durch Reisehinweise ersetzt. Somit ist wieder Urlaub im europäischen Ausland möglich.

Gutscheine gegen Insolvenz abgesichert

Das Risiko, dass ein Gutschein bei einer Insolvenz des Veranstalters seinen Wert verliert und das Geld weg ist, besteht nicht mehr. Die Bundesregierung will die Gutscheine gegen eine Pleite absichern.

Und wie werden die Gutscheine in der Praxis angenommen? Nach Angaben des Deutschen Reiseverbands (DRV) entscheiden sich lediglich 10 bis 20 Prozent der Verbraucher dafür. Die Mehrheit pocht dementsprechend auf einer Erstattung ihres Geldes.