Studie: Wie wirksam die Hinweisschilder an Autobahnen wirklich sind

Professor Sven Groß untersucht, wie gut die touristische Beschilderung an deutschen und österreichischen Autobahnen wahrgenommen wird

Wer auf Autobahnen reist, hat sie sicher schon in vielen Varianten gesehen: die großen braunen Hinweistafeln am Straßenrand. Sie verweisen auf Städte, Sehenswürdigkeiten oder touristische Attraktionen und sollen zu einem Besuch animieren. Angesichts der Kosten für die Errichtung solcher Tafeln wird immer wieder eine öffentliche Diskussion angestoßen, ob sie überhaupt ihren Zweck erfüllen. Ein klares „Ja“ kommt von Prof. Dr. Sven Groß, Hochschullehrer für das Management von Verkehrsträgern an der Hochschule Harz. Nach seiner 2019 durchgeführten Studie über das Wirken der Schilder an deutschen Autobahnen, legt er nun vergleichend eine Betrachtung des Nachbarlands Österreich nach und zieht in seiner aktuellen Publikation „Touristische Beschilderung an Autobahnen in Deutschland und Österreich – Wahrnehmung, Effekte, Entscheidungsverhalten“, erschienen im UVK-Verlag, eine positive Bilanz.

Schilder werden unterschiedlich intensiv wahrgenommen

Wie bewusst werden die touristischen Tafeln von Autofahrern wahrgenommen? Wie gut bleiben die ausgeschilderten Ziele in Erinnerung? Und führen sie letztendlich zu einem Besuch? Diesen und weiteren Fragen ging Sven Groß 2023 im Rahmen seines letzten Forschungssemesters nach. Die jüngst veröffentlichten Ergebnisse seiner Studie* belegen, dass mehr als 90 Prozent der Befragten in Österreich die Schilder registrieren. Nur jeder 15. Fahrer (6,7%) und jeder 11. Beifahrer (8,8%) konnte sich gar nicht mehr erinnern, eine Tafel dieser Art gesehen zu haben. Befragt nach den konkreten Motiven sinken die Zahlen jedoch. In Österreich werden die sogenannten Ankündigungstafeln in die Rubriken „kulturelle Ziele“ (braun) und „touristische Ziele“ (grün) geteilt. Mindestens eine Abbildung auf braunem Grund benennen konnten nur 55,7 Prozent der Teilnehmenden, bei den grünen Schildern waren es sogar nur 38,3 Prozent.

Touristische Tafeln haben kurz-, mittel- und langfristige Wirkung

Doch was bringen die Schilder dann überhaupt? „Neben dem Werbeeffekt an sich ist ein wichtiger Aspekt, wie viele Menschen aufgrund einer solchen Tafel die entsprechende Sehenswürdigkeit besuchen, dort eventuell Eintritt bezahlen oder ein gastronomisches Angebot nutzen“, ordnet Sven Groß ein. Während in Deutschland fast jeder sechste Befragte (17,1%) bereits mindestens einmal ganz spontan aufgrund einer touristischen Unterrichtungstafel von der Autobahn abgefahren ist, hat in Österreich sogar jeder fünfte Befragte (20,1%) aufgrund einer der beiden Beschilderungsformate schon einmal derart gehandelt.

„Neben diesen extrem kurzfristigen Effekten, konnte ich auch mittel- und langfristige Wirkungen nachweisen“, sagt Sven Groß. „Einige Teilnehmende gaben an, ein ausgeschildertes Ziel zwar nicht sofort, dafür aber zeitnah, beispielsweise auf der Rückfahrt, besucht zu haben oder es auf die allgemeine Urlaubswunschliste gesetzt zu haben. Das Potenzial für zukünftige Besuche ist demnach nicht zu unterschätzen.“ Und der Nutzen ebenso. Dank Eintrittsgeldern, Parkgebühren, Gastronomie, Souvenirverkäufen oder Übernachtungen würden letztendlich die Reiseziele mit ihrer lokalen Wirtschaft profitieren. „Im Einzelfall gaben die Personen, die aufgrund einer Ankündigungstafel von einer österreichischen Autobahn abgefahren sind, bis zu 100 Euro vor Ort aus, durchschnittlich waren es bei den Befragten 35 Euro“, nennt Sven Groß von ihm erhobene Zahlen, die er auch für Deutschland als vergleichbar einschätzt.

Viele Faktoren zur Einschätzung der Wirksamkeit notwendig

Lohnt sich folglich für die Antragsteller die Errichtung der touristischen Tafeln trotz der Investitionskosten, die laut der deutschen Autobahn GmbH inklusive Anschaffung, Montage, Wartung, Demontage und Entsorgung des Schildes sowie der Aufstellvorrichtung „in der Regel zwischen 20.000 und 40.000 Euro“ liegen? Um den Nutzen zu beurteilen, seien die in der Studie erhobenen Zahlen zu Wahrnehmung, Handlungen und durchschnittlichen Ausgaben nicht allein zu betrachten, betont Sven Groß. Denn auch das langfristige Wirken sei für eine Einschätzung nicht zu vernachlässigen.

„In der Psychologie gibt es den sogenannten Mere-Exposure-Effekt, der vor allem für Werbetreibende relevant ist. Er beschreibt das Phänomen, dass wir umso positiver gegenüber einer Sache eingestellt sind, je häufiger wir diese wahrnehmen“, erklärt er. In Verbindung mit seinen Recherchen und beiden Studien ist für Sven Groß deshalb eines ganz klar: „Nach allem, was ich analysiert habe, lohnen sich die Schilder definitiv!“ 

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*Der Auftrag für die Online-Befragung wurde an die bilendi GmbH vergeben, die für die Erstellung des filtergeführten Online-Fragebogens, die Rekrutierung der Probanden, die Durchführung der Datenerhebung, das Hosting des Fragebogens und der Daten während der gesamten Laufzeit der Erhebung sowie die Lieferung der Daten verantwortlich war. Der Erhebungszeitraum fand vom 17. bis 22. November 2023 statt. Zur Grundgesamtheit (n = 613) zählen deutschsprachige, in Privathaushalten lebende Internetnutzer zwischen 18 und 75 Jahren, die einen PKW und/oder ein Motorrad und/oder ein Wohnmobil regelmäßig oder gelegentlich privat verwenden oder in diesem Beifahrer sind und die in den letzten zwölf Monaten auf Autobahnen in Österreich unterwegs waren.