Herausforderungen an Arbeitgeber*innen und Anbieter*innen im Tourismus

Das Zusammenspiel der Generationen wird immer komplexer: unterschiedlichste Bedürfnisse treffen in einer Welt mit fluiden Rahmenbedingungen aufeinander und stellen neue Herausforderungen an Arbeitgeber*innen und Anbieter*innen im Tourismus.

Aktuell prägen 5 Generationen die Arbeitswelt von heute und morgen. Wenn es darum geht, Mitarbeiter*innen für unsere Branche zu begeistern, zu gewinnen und an unsere Unternehmen zu binden, dürfen wir nicht mehr von „DEN“ Mitarbeiter*innen sprechen, nicht mehr alle über einen Kamm scheren, sondern wir müssen sie, je nach „Generation“, ganz unterschiedlich ansprechen.

Denn diese verschiedenen Generationen haben unterschiedliche Werte und sehr unterschiedliche Einstellungen zu Leben und Arbeit:

5 Generationen bestimmen Arbeits- & Reisewelt von morgen


BABYBOOMER: Die digitalen Immigrant*innen zwischen 55 und 70 Jahren, frei nach dem Motto: „leben, um zu arbeiten“, findet man aktuell häufig in Führungspositionen in Unternehmen. Sie vertreten Werte wie Gesundheit, Idealismus und Kreativität.
GENERATION X: technisch Versierte zwischen 40 und 55 Jahren „arbeiten, um zu leben“ auf Mitarbeiter*innenebene bis in Führungspositionen. Ihnen sind Werte wie Unabhängigkeit, Individualismus und Sinnsuche wichtig.
GENERATION Y: Digital Natives zwischen 25 und 40 Jahren, die in einem fließenden Übergang zwischen Leben und Arbeit agieren, während Werten wie Vernetzung, Selbstentfaltung und Optimismus eine hohe Wichtigkeit zugeordnet wird.
GENERATION Z: Die Net Generation zwischen 10 und 25 Jahren vertritt den Standpunkt: „Arbeit muss sich dem Leben anpassen“. Für sie spielen die Werte Vernetzung, Selbstentfaltung und Realismus eine große Rolle.
GENERATION Alpha: aktuell Kinder < 10 Jahren, die in einer Welt des „Internet of things“ (Smart Homes, Cars etc.) aufwachsen. Was diese Generation in Hinblick auf Leben und Arbeit prägen wird, bleibt noch offen.


Bei der Betrachtung der Generationen sollte allerdings beachtet werden, dass die Grenzen verschwimmen – jeder Mensch, jede/r Arbeitnehmer*in oder auch Tourist*in wird sich in manchen Aspekten anderen Generationen näher fühlen als der „eigenen“ – hier gilt es, die Generationen als Leitlinie zu sehen, individuelle Aspekte und Bedürfnisse aber nicht aus den Augen zu verlieren.

Individuelle Bedürfnisse in einer fluiden Welt
Neben diversen Zukunftstrends und den Einflüssen der VUKA-Welt spielen die Themenwelten von Agilität und New Work eine immer größere Rolle für touristische Unternehmen. Dabei geht es vor allem darum, den Fokus immer wieder auf den Menschen zu legen: Wie gestalten wir Prozesse und Strukturen so, dass sie den Menschen dienlich sind und zu besseren Ergebnissen führen?

In diesem Sinne kann der Generationsansatz in Verbindung mit den Charakteristika der SINUS-Milieus ein erstes Wissensfundament darstellen. Der Mensch und seine Bedürfnisse dürfen im Tourismus kein „blinder Fleck“ sein, sondern Zentrum der Aufmerksamkeit – egal ob auf Angebotsseite oder in Hinblick auf Arbeitnehmer*innen. Während der Megatrend „Individualisierung“ schon längst auf dem Radar touristischer Anbieter*innen in Bezug auf die Ansprache ihrer Gäste angekommen ist, heißt es den Horizont nun auch auf Arbeitnehmer*innen zu erweitern.

Zusammenspiel der Generationen beherrschen
In einer Branche, in der Arbeitskräftemangel ein tägliches und immer gravierender werdendes Thema ist, ist es also unabdingbar, sich über Mitarbeitergewinnung und -bindung in Hinblick auf die verschiedenen Generationen Gedanken zu machen. Die Generationen Y und Z haben ganz andere Bedürfnisse und Vorstellungen als die Generation X oder gar die Babyboomer-Generation.

Fakt ist: Die Arbeitnehmer*innen von morgen bestimmen den Arbeitsmarkt. Im „War for talents“ haben Vertreter*innen der Generation Y und Z die Wahl und suchen die Arbeitgeber*innen aus, die am besten zu ihren Bedürfnissen passen, nicht umgekehrt. Attraktivität im Sinne von Arbeitsbedingungen, Zusatzleistungen, Sinnhaftigkeit und Möglichkeit zur Selbstverwirklichung sowie eine sichtbare Unternehmenskultur müssen überzeugen.

Zum einen müssen Arbeitgeber*innen also die Bedürfnisse und Einstellungen der jüngeren Generationen gut kennen, damit sie diese von sich überzeugen können.

Zum anderen dürfen aber auch die Bedürfnisse der bestehenden Mitarbeiter*innen nicht vergessen werden – die Kunst liegt im Zusammenspiel der Generationen. Führungskräften kommt so als Jongleur*innen der verschiedenen Bedürfnisse eine besonders wichtige Rolle zu. Ihr Rollenverständnis verändert sich hin zum Dienstleister mit Fokus auf mehr Unterstützung, Zuarbeit und Verständnis der Mitarbeiter*innen als es in klassischen Führungspositionen die Regel ist.

Auch die Erwartungen an den Arbeitsalltag verändern sich: Wunsch nach mehr Flexibilität, Home-Office, Unterwegskultur, Vereinbarkeit zwischen Privatleben und Beruf usw. werden zukünftige Arbeitsverhältnisse noch mehr prägen als heute. Dies wird auch das Verständnis von Tourismus und Reisen beeinflussen – das Hotel wird zum temporären Zuhause, Arbeitsleben und Reise müssen optimal verknüpft werden können.

Prinzipiell gilt in diesem Kontext: was den Gast anspricht, gilt für Arbeitskräfte gleichermaßen: touristische Unternehmen müssen aktives Arbeitgeber-Marketing betreiben und zukünftige Mitarbeiter*innen genauso aufmerksam betrachten und vor allem personalisiert ansprechen, wie sie es bei ihren Gästen tun.

Balance zwischen Passfähigkeit und Individualisierung
Oftmals bestehen gerade im Tourismus Konflikte zwischen den Organisationsstrukturen, der zu erbringenden Leistung und den Bedürfnissen der Mitarbeiter*innen: Stichworte sind hier beispielsweise Wochenendarbeitszeiten, Einsatz auf Abruf, schlechte Bezahlung sowie die Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben.

Auf der einen Seite geht es um die Passgenauigkeit zwischen der Arbeit und den Lebensumständen der Arbeitnehmer*innen, auf der anderen um die Passfähigkeit dieser Aspekte zu Unternehmensstrukturen.

Hier sind Arbeitgeber*innen gefor-dert, entsprechende Arbeitsmodelle zu etablieren, um z. B. Wochenendarbeitszeiten fair zu verteilen und auszugleichen sowie weitere Mehrwerte (Vergünstigungen, Weiterbildungsmöglichkeiten, Flexibilität zur Vereinbarkeit mit dem Privatleben etc.) zu schaffen, um sich als attraktive*r Arbeitgeber*in zu positionieren.

Wichtig ist zudem, keine künstliche Unternehmenskultur zu erschaffen, die die Generation Y und Z ansprechen soll, wenn die Realität anders aussieht. Authentizität ist hierbei ein Schlüsselbegriff. Neuen Mitarbeiter*innen wird schnell auffallen, wenn Versprechen nicht gehalten werden. Sie werden ebenso schnell das Unternehmen wieder verlassen. Die kommunizierte Unternehmenskultur muss also nicht nur attraktiv auf Bewerber wirken, sondern auch in Bezug auf die Werte des Unternehmens passfähig sein.

Nur so kann die Zusammenarbeit der 5 Generationen erfolgreich sein und sich positiv auf die Wahrnehmung von Unternehmen auch auf Seiten der Gäste auswirken.